Erfahrungsbericht Kinderbetreuung

Meine Erfahrungen in der Kinderbetreuung während eines Deutschkurses für geflüchtete Mütter mit Babys und Kleinkindern

Valeria Gamarra Amaya

 

Ich studiere Erziehung und Bildung im Kindesalter an der Alice Salomon Hochschule in Berlin. Im 1. und 2. Semester muss jede/r Student*in ein Praktikum über 2 x 90 Stunden absolvieren.

Ich habe mich für eine Kinderbetreuung für Babys und Kleinkindern bis 3 Jahren in einem Übergangswohnheim in Teltow entschieden, da ich schon vorher in einem Sommercamp für Flüchtlingskinder gearbeitet hatte und davon sehr begeistert war. Ich wollte weitere Erfahrungen sammeln, wie diese Kinder im Flüchtlingsheim aufwachsen.

Die Kinder werden in der Zeit betreut, in der ihre Mütter einen Deutschkurs besuchen, der neben dem Kinderzimmer stattfindet, 4 x in der Woche für 3 Zeitstunden.

Ich war für mein Praktikum einen Tag in der Woche dort, zuletzt in der vorlesungsfreie Zeit.

 

Mein erster Tag

Am ersten Tag war ich ziemlich aufgeregt, weil ich Befürchtungen hatte, dass mich

die Mütter und besonders die Kinder nicht akzeptieren würden.

Aber mit Hilfe von Frau Welsch und den anderen Betreuerinnen wurde ich schnell von den Müttern akzeptiert. Damit mich die Mütter besser kennenlernen konnten, spielten wir ein Kennlernspiel. Bei diesem Spiel erfuhren sie, dass ich selbst noch keine Kinder habe, obwohl ich in ihrem Alter bin. Viele waren verwundert und erstaunt, weil es in den Ländern, aus denen sie kommen, anders ist. Bei diesem Spiel ging es auch darum, die Namen der Kinder zu lernen. Ich kann mich noch genau erinnern, dass ein Kind mich von oben bis unten ansah und wegrannte. Ich dachte, vielleicht mag es mich nicht, aber am Ende des Tages spielten wir gemeinsam in der Spielküche. So schnell ging mein erster Tag zu Ende.

 

Mein Praktikum

Durch meinen Studiengang hatte ich anfangs sehr viele Ideen, aber ich merkte schnell, dass ich damit die Kinder überfordern würde. Die Kinder mussten sich ja erst an mich und die neue Umgebung gewöhnen. Außerdem wurde mir bewusst, dass Vertrauen eine wichtige Rolle spielt.

Der Alltag meines Praktikums sah so aus:

Um 9.00 Uhr treffen sich alle Mütter mit ihren Kindern, den Betreuerinnen und der Lehrerin, Frau Welsch, im Spielzimmer. Dort wird gemeinsam ein Begrüßungs- und Bewegungslied für die Kinder bzw. mit den Kindern gesungen. Danach verabschieden sich die Mütter von den Kindern und gehen mit der Lehrerin in einen Nachbarraum zum Deutschkurs. Manche Kinder brauchen noch ein wenig Zeit, damit sie realisieren können, dass wir Betreuerinnen für sie da sind und die Müttern im Nebenraum lernen. Aber wenn sie weinen und sich noch nicht von ihren Müttern trennen können, dann bleibt die Mutter noch im Kinderzimmer oder die Kinder dürfen, solange sie still sind, mit im Schulzimmer auf dem Schoß der Mutter sitzen. Für viele Kinder ist es das erste Mal, dass die Mütter sich von ihnen trennen um etwas Eigenes zu machen.

Danach findet ein freies Spiel statt. Das bedeutet, dass die Kinder sich ihr Spielzeug selbst aussuchen können, mit welchem sie spielen. Es gibt auch die Situation, dass ein paar Kinder kommen und mit mir dort spielen wollen, wenn ich zum Beispiel an der Spielküche sitze. Die ersten Stunden gehen schnell vorbei. Nach der kurzen Pause, in denen die Mütter bei uns im Raum sind, sind die Kinder oft ein wenig müde, so dass wir uns gemeinsam auf den Boden setzen und Lieder singen. Manche Babys schlafen auch.

Meine Aufgabe war es mit den Kindern Deutsch zu sprechen und Worte zu wiederholen.

Eine weitere Aufgabe lautete die Kinder zu behüten, also immer ein Auge auf sie zu haben, um rechtzeitig Gefahren zu erkennen. Mit Gefahren meine ich, dass sich

ein Kind zum Beispiel den Kopf stoßen oder beim Klettern herunterfallen könnte.

Wenn es trotzdem passierte, versuchte ich das Kind zu trösten, in dem ich mit ihm redete oder sang, damit es abgelenkt war und sich die Situation dadurch entspannte.

Bei meiner Arbeit mit den Kindern gab es jeden Tag neue und wunderbare Erlebnisse.

Man konnte täglich die positiven Veränderungen bei den Kindern und auch bei den Müttern erkennen. Die Mütter wurden viel offener, indem sie mit uns redeten

und unsere Arbeit schätzten. Ich war sehr stolz darauf zu sehen, dass sich die Mütter, egal woher sie kamen und welche Kultur sie vertraten, untereinander immer besser verstanden haben.

Diese Kinder sind etwas Besonderes. Sie lehrten mich, dass es besser ist, nur meine positiven Gefühle und Emotionen zu zeigen. Wenn ich nervös war, merkten es die Kinder sofort und haben diese Nervosität übernommen. Als ich merkte, dass sich meine Stimmung auf die Kinder überträgt, nahm ich mir vor, immer mit einem positiven Gefühl zu arbeiten.

Ich kann nicht sagen, dass ich ein Lieblingskind hatte. Ich empfand, dass alle Kinder auf ihre Art besonders und einzigartig waren.

 

Besondere Erlebnisse

Das erste große Erlebnis, welches ich mit allen Müttern und Kindern hatte, war der gemeinsame Besuch des Wochenmarktes am Maybachufer in Neukölln. Obwohl ich schon lange in Berlin lebe, kannte ich diesen Markt auch noch nicht. Ich kann sagen, dass wir alle aufgeblüht sind, da es so viele neue Sachen zu sehen gab. Die Mütter haben mit uns Deutsch geredet und uns erzählt, wie zum Beispiel die Gemüsesorten in ihrer Sprache heißen.

Das zweite große Erlebnis für die Kinder und deren Mütter war das Aufstellen eines aufblasbaren Schwimmbeckens im Sommer auf dem Hof vor dem Heim.

Die Mütter haben sich zuerst Sorgen gemacht, jedoch versicherten wir ihnen, dass nichts passieren würde. So konnten die Kinder fast jeden Tag, wenn es warm genug war, im Wasser spielen.

Das wichtigste Erlebnis für mich war zu sehen, wie sich die Kinder im Laufe der Zeit veränderten und sich positiv entwickelten.

Viele Kinder waren noch sehr klein, als sie in die Betreuung kamen. Sie konnten noch nicht krabbeln und sprechen. Für ihre Entwicklung war es wichtig, sie auf den Rücken oder auf den Bauch zu legen. So konnten sie auch ihre neue Umgebung in verschiedenen Perspektiven betrachten und beobachten und begannen sich selbständig zu bewegen. Am Anfang waren sie manchmal unzufrieden, weil sie sich noch nicht selbst vorwärts bewegen konnten. Nach einer Weile lernten sie sich zu drehen, auf dem Bauch liegend mit den Armen und Beinen zu „rudern“. Bald fingen sie an zu krabbeln und später auch zu laufen. Diese Fortschritte in der Entwicklung machten mich glücklich und stolz.

 

Ein weiteres, wichtiges Erlebnis für mich war zu erleben, dass die Kinder langsam anfingen deutsche Wörter (nach-)zu sprechen. Ein schon etwas älteres Kind zum Beispiel, das in der ersten Zeit gar nicht mit uns sprach, sang nach einer Weile Kinderlieder nach und sagte „ Hallo“.

Als ich die Kinder betreute, war es für mich das Wichtigste, das Vertrauen der Mütter und der Kinder zu bekommen.

Ich fand es für mich wichtig, dass der Schwerpunkt auf das Hören und Lernen der deutschen Sprache liegen sollte. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir auch viel Musik gehört und nachgesungen. Es ist bewiesen, dass Menschen durch Musik die Sprache leichter erlernen.

 

Ich denke, dass dieser Deutschkurs für Mütter, die sonst wegen ihrer Kinder keine Chance hätten Deutsch zu lernen, eine gute Möglichkeit ist sich zu integrieren.

Die Mütter können ohne Sorgen den Kurs besuchen, weil sie wissen, dass ihre Kinder gut bei uns aufgehoben sind.

Unter Anleitung von Frau Welsch habe ich in dieser Zeit viele neue Erfahrungen sammeln können. Diese Erfahrungen lassen mich mit anderen Augen auf die Kinder und die Situation von Migrantinnen, die aus Kriegsgebieten kommen, blicken.